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Liminale 2017
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Muss man Theater verstehen?


Einladung zur Liminale - Das Festival freier Theaterkünstler

 

Theater ist eine der vielfältigsten Künste die es gibt. Es ist eine über 2000 Jahre alte Kunstweise und wird überall auf der Welt in den unterschiedlichsten Formen präsentiert: getanzt, gesungen, gesprochen, als Projektion, auf der Bühne, neben der Bühne, ganz ohne Bühne, im Freien oder im Theatersaal.

Theater findet überall statt, erfindet sich ständig neu, stellt sich und die Gesellschaft stets aufs neue in Frage, ist pure Unterhaltung oder konzentriertes Kunstwerk. Manchmal reicht ein Thema als Grundlage, ein Satz oder ein Gedanke, manchmal wird ein Roman mit den Mitteln des Theaters erforscht oder einem Dramentext wird Leben eingehaucht.

 

Für den Zuschauer ist es mitunter nicht einfach diesen Entwicklungen zu folgen, denn Theater lebt immer auch von Regeln, von Spielregen. Dazu gehören klare Raumeinteilungen (Bühne - Ränge), klare Rollenverteilungen (aktiver Schauspieler - passiver Zuschauer), Anfang - Ende (Verbeugung=Klatschen) und klare Struktur des Stücks mit einer Geschichte, der man entlang von Kausalketten folgen kann.

Finden wir uns aber in einem Raum wieder, der all dies nicht mehr bereithält und in dem neue Regeln formuliert oder gar erst gesucht werden, muss sich das Publikum einfinden, ist in Unsicherheit versetzt und muß Entscheidungen treffen. Wie verhalte ich mich gegenüber dem schwitzenden Schauspieler, der mir das Mikro vor die Nase hält?

 

 

Dies sind alles keine völlig neuen Ansätze der letzten Jahre. Theater befindet sich in einem fortlaufenden Prozeß, der seit seinen Anfängen besteht. Was als neu oder ungewöhnlich vom Publikum aufgenommen wird, ist immer eine Frage der Sehgewohnheiten, die mit den Gegebenheiten der lokalen Theaterszene zusammenhängen. Was in Nürnberg neu und aufregend oder irritierend ist, ist in Berlin vielleicht ein alter Hut und ebenso umgekehrt. In der freien Szene sind diese Prozesse meist am deutlichsten wahrnehmbar.

 

Was aber zählt, wenn ich Freitag Abend das Theater oder den Ort der Aufführung verlassen habe? Wie viel muss ich denn verstanden haben, vom getanzten König Lear, vom spuckenden Nudelfresser oder vom Haus voll mit stalinistischen Geheimdienstleuten, die mich von einem Raum in den anderen geschupst haben? Darf ich sagen, daß es mich einfach nicht berührt hat oder mir einfach nur oder eben keinen Spaß gemacht hat oder oute ich mich dann als Dilettant, der nichts verstanden hat?

 

Egal was der Choreograph, was der Regisseur oder was der Dramatiker sich gedacht haben, egal wie viel Nachdenken in die Symbolik der Farben beim Kostüm geflossen ist, egal wie viele subtile Feinheiten und politische Anspielungen der Text bietet, wie ausgefeilt und wohl durchdacht die Bilder sind und welche Botschaft auch immer vermittelt oder nicht vermittelt werden soll. Was bei einem Theaterbesuch einzig und allein zählt, ist das was beim Publikum ankommt. Das was in jedem Kopf geschaffen wird, ob ich als Zuschauer anknüpfen kann oder nicht. Wie fühle ich mich mit dem Stück? Welche Assoziationen entstehen dadurch bei mir? Oder trifft es mich gar im innersten?

 

 

Gelingt dieses Anknüpfen, in welcher Form auch immer, ist das Stück gelungen, selbst wenn die gewünschte Assoziation nicht eintritt, sondern ein anderer Bezug hergestellt wird. Das Publikum ist damit immer in einer Doppelrolle: in der des zusehenden und in der des schöpfenden. So entsteht das Stück erst bei der Vorstellung vor Publikum im Kopf des Zuschauers. Ein Theater ohne schaffendes Augen ist damit nicht möglich. Theater lebt nur mit dem Publikum!

 

In diesem Sinne laden wir Euch herzlich ein zu diesem wunderbar vielfältigen Festival der freien Theaterszene, die sich in all ihren schillernden Formen präsentiert. Zur Unterhaltung, zum Nachdenken, zum Mitmachen.

 

Wir wünschen viel Spaß!

 

Selina Bock, Jörg Hundsdorfer, Stefanie Miller, Stefanie Kuschill, Claudia Schulz, Nikolaus Struck, Florian Sußner und Sigi Wekerle.